Neue Technologien direkt im Weltraum testen: Geschwindigkeit ist in vielen Raumfahrtbereichen wichtig. Besonders relevant wird sie in der Entwicklung von Bauteilen. Damit Verfahren hier die größtmögliche Beschleunigung erfahren, müssen Technologien direkt im Weltraum getestet und qualifiziert werden. Dafür wurde im GSTP-Programm GENA-SAT geschaffen – ein Projekt zur Entwicklung der Nanosatellitenplattform GENA-OT. © OroraTech GmbH
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Aus Utopie wird Wirklichkeit

Raumfahrt wird immer mit Zukunftstechnologie in Verbindung gebracht. Was Science-Fiction-Autoren in vielen Romanen als Utopie beschreiben, wird im General Support Technology Programme (GSTP) in die Wirklichkeit überführt. Denn GSTP öffnet einem breiten Spektrum von Anwendungsgebieten und neuen Technologieentwicklungen die Tür zur Raumfahrt. Hier werden Entwicklungslücken geschlossen. Kompetenzen werden geschaffen, verstärkt und erweitert. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gefestigt und ausgebaut. Die Technologieprogramme der ESA gelten als Ideenschmieden der europäischen Raumfahrt und machen sie unabhängiger. Außerdem werden begleitende Vor- und Produktentwicklungen sowie Flugtauglichkeitsmissionen gestartet, damit die neu entwickelten Technologien künftig ohne Risiken in den Einsatz gehen können. Das Programm ist besonders wichtig für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Start-ups, die Ideen und Produkte gemeinsam mit den europäischen Partnern entwickeln. Sie bekommen eine Chance, ihre Technologie direkt im Weltraum zu testen und so den technologischen Reifegrad ihrer Entwicklungen zu erhöhen – ohne Hilfe ein sehr kostspieliger und langwieriger Prozess. Von all dem profitieren auch Firmen, die ursprünglich gar nicht aus der Raumfahrt kommen und nun ihre Chance erkannt haben, auch hier Fuß zu fassen.


Als weiterführendes optionales Technologieprogramm liegen bei der ESA Ministerratskonferenz 2022 in Paris die Schwerpunkte auf Digitalisierung, Cybersecurity, Künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, fortschrittliche Fertigungstechnologien sowie auf NewSpace-Ansätzen. Die Entwicklung von Elektrischen, Elektronischen und Elektromechanischen (EEE-) Bauteilen sowie auf Radioisotopen basierende Energiesysteme werden in den eigenen Programmkomponenten EEE und ENDURE vorangetrieben. Deutschland hat die Technologie-Programme in Paris mit insgesamt 50 Millionen Euro gezeichnet.

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Ein Programm – unzählige Möglichkeiten

Das Programm ermöglicht Technologieentwicklungen für ein breites Spektrum von Anwendungsgebieten – neben Digitalisierung und Industrie 4.0 auch in den Bereichen Erdbeobachtung, Wissenschaft, robotische Exploration und bemannte Raumfahrt, Raumtransport, Navigation, Weltraumlage und Clean Space. Es schließt damit auch Entwicklungslücken im internationalen Wettbewerbsumfeld. Außerdem schafft, verstärkt und erweitert das europäische Technologieprogramm Kompetenzen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gesichert wird. GSTP ist die Ideenschmiede der europäischen Raumfahrt und macht sie unabhängiger – gerade auch bei kritischen Technologien. Außerdem werden begleitende Vor- und Produktentwicklungen sowie Flugtauglichkeitsmissionen gestartet, damit diese Technologien künftig erprobt und ohne Risiken in den Einsatz gehen können. Dies stärkt vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Sie bekommen eine Chance, den technologischen Reifegrad (Technology Readiness Level, TRL) ihrer Entwicklungen zu erhöhen und im Idealfall ihre Technologie direkt im Weltraum zu testen – ohne Hilfe von außen ein sehr kostspieliger und langwieriger Prozess.

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Deutschlands Beitrag für Raumfahrtinnovationen

  • GENA-SAT
  • Solargeneratorenfabrik
  • EEE-Bauteile
  • Cybersicherheit

GSTP ermöglicht uns, einen in unseren Augen sehr relevanten Service auf die Beine zu stellen, und dabei vor allem die technischen Aspekte bei der Einbindung zahlreicher Nutzlasten hinreichend zu berücksichtigen.

Dr.-Ing. Martin Langer

Projektleiter von GENA-SAT und Chief Technical Officer bei der OroraTech GmbH

Breite Förderung guter Ideen

Die Unterstützung für die KMU ist sehr wichtig. Denn ohne ihre Zulieferer und deren Produkte, Technologieentwicklungen und Know-how kann auch die europäische Großraumfahrtindustrie nicht bestehen. KMU sind ein Teil des Raumfahrtmotors – ohne sie läuft er nicht. Daher müssen sie unterstützt werden – ein wichtiger Schwerpunkt im GSTP. Das Programm sorgt mit Einzelförderungen in einer großen Bandbreite dafür, dass die richtige Technologie zur richtigen Zeit ausgereift zur Verfügung steht. Über die Teilnahme an einzelnen Ausschreibungen kann jeder ESA-Mitgliedsstaat selbst entscheiden, ob nationales Interesse besteht und eine Finanzierung erfolgt. Das Programm fördert insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den KMU, großen Firmen wie Airbus und OHB, sowie Forschungseinrichtungen im nationalen und europäischen Umfeld, da viele Technologieentwicklungsvorhaben auf die Kombination von Fähigkeiten sowohl großer als auch kleiner Firmen setzen. Außerdem ist das europäische Programm eine ideale Ergänzung zum kleinen nationalen Pendant. In GSTP können deutsche Technologieentwicklungen gefördert werden. So können diese Innovationen „made in Germany“ einfacher in Europas Raumfahrtwelt Fuß fassen.

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Solargeneratorenfertigung in Immenstaad für den Umweltsatelliten Sentnel-6. (STI)
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Cypersicherheit gehört zu den wichtigen Forschungsbereichen im GSTP-Programm. (ESA)
Das GSTP Programm war sehr wichtig für den Erfolg unserer Solargeneratoren am Markt. Wir haben insgesamt circa zwölf Millionen Euro selbst in unsere Solargeneratorfabrik investiert und wurden mit circa vier Millionen Euro durch GSTP und das nationale Programm gefördert.

Dr. Kolja Nicklaus

Leiter der Geschäftsfeldentwicklung bei der STI GmbH

Deutschland als stetiger Partner im Technologieprogramm

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Neues Solargeneratorenwerk von STI in Immenstaad. (STI)

50 Millionen Euro stehen insgesamt für die Förderung in der kommenden GSTP-Phase von 2022 bis 2025 zur Verfügung. 40 Millionen Euro stehen insgesamt in den ersten drei Elementen Develop, Make und Fly zur Verfügung. Hinzu kommen Zeichnungen für die Programmkomponente EEE in Höhe von zehn Millionen Euro. Durch die deutsche Beteiligung kann Deutschland die Programmplanung und die daraus resultierende Entwicklung der ESA-Technologien aktiv mitgestalten. Der deutsche Beitrag erfolgt in Abstimmung mit nationalen und anderen ESA-Förderprogrammen und ermöglicht insbesondere kleinen Firmen gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit den europäischen Partnern. Hier sollen weiterhin KMU zum Zuge kommen, die bislang noch nicht im ESA-Rahmen tätig waren.

Paradebeispiel für deutsche Industriepolitik

Das GSTP wird so zum Paradebeispiel für die strategische Ausrichtung der Bundesregierung: Es fördert Hochtechnologie in der Raumfahrt nachhaltig mit einem breiten Spektrum und entspricht damit den Zielen der High-Tech-, der Breitband-, der Nachhaltigkeits- sowie der Raumfahrtstrategie der Bundesregierung. Im Bereich Quantentechnologie ergänzt es außerdem das 650 Millionen Euro schwere Rahmenprogramm „Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. GSTP ermöglicht sowohl der deutschen Industrie als auch Forschungseinrichtungen und Universitäten, ihre Wettbewerbsfähigkeit im Raumfahrtsektor auszubauen und neue Technologien zur Marktreife zu bringen. So wurden dank des GSTP neue Solarzellen, elektrische Antriebe, Sensoren und Halbleiter in der Bundesrepublik entwickelt und damit die globale industrielle Wettbewerbsfähigkeit nationaler Unternehmen entscheidend gestärkt. Deutschland hat sich im Vorfeld dieser Ministerratskonferenz besonders für die Schaffung der EEE-Programmkomponente eingesetzt, um eine europäische Unabhängigkeit in diesem wichtigen Sektor zu erreichen. Die deutsche Zeichnung ermöglicht Firmen in der Bundesrepublik an dieser wichtigen Programmkomponente teilzunehmen.

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Winzige EEE-Bauteile aus Hannover sollen Europas Raumfahrt unabhängiger machen. (Deutsche Raumfahrtagentur im DLR)
GSTP ist eins der sehr wenigen verfügbaren Mittel für die Entwicklung von neuen EEE-Bauteilen, insbesondere der dringend benötigten ICs mit den hohen Entwicklungskosten. Gleichzeitig ist das GSTP-Programm extrem wichtig für die Technologieentwicklung der KMU.

Volodymyr Burkhay

Managing Director Marketing & Sales bei SPACE IC

GSTP lässt sich in drei Programmteile und drei eigenständige Komponenten unterteilen:

Element 1 – Develop unterstützt und begleitet die Entwicklung von Technologien, Baugruppen, Bauelementen und Prüfständen für Projekte und wirtschaftliche Akteure, das heißt kleine und mittlere Unternehmen (KMU), große Unternehmen, die Industrie, Satellitenbetreiber und -anbieter, Universitäten und Forschungseinrichtungen, von niedrigen Technologiereifegraden bis hin zur Qualifizierung. Hier werden auch zwei spezifische Themengebiete eingerichtet, die sich zum einem mit dem Thema „Cybersecurity“ und zum anderen mit dem Bereich „Energie aus dem Weltraum zur terrestrischen Nutzung“ beschäftigen.

Element 2 – Make schafft kommerzielle Nachhaltigkeit. Hier werden Produkte entwickelt, um zum Beispiel Lücken in der Verfügbarkeit zu schließen, die infolge von Umweltauflagen, des Übergangs zu neuen Technologien oder aus anderen Gründen entstanden sind. Ko-finanziert durch die Industrie wird hier die weltweite Wettbewerbsfähigkeit in neuen und bestehenden Märkten gestärkt und so besonders marktnahe Eigenentwicklungen der jeweiligen Firmen gefördert.

Element 3 – Fly bringt neue Technologien direkt in den Orbit, testet sie dort und erhöht so ihren Reifegrad. Die Produkte werden entweder als Huckepacknutzlasten oder vollständige Weltraummissionen – kleine Raumfahrzeuge, CubeSats, etc. – auf ihre Umlaufbahn gebracht. So werden hier auch künftige Missionen direkt im All vorbereitet.

Programmkomponente „Demonstration eines präzisen Formationsflugs“ sieht die Durchführung der Phasen C, D und E der Mission PROBA-3 zur Demonstration von Technologien und Techniken für präzise Formationsflüge (PFF) vor. Hier soll die Technologieerprobungsmission PROBA 3 umgesetzt und gestartet werden. An diesem Element beteiligt sich Deutschland jedoch aus programmatischen Gründen nicht.

Programmkomponente „Elektronische Bauteile (EEE) zur Erhaltung der Europäischen Unabhängigkeit“ sieht vor, die Entwicklung von Elektrischen, Elektronischen und Elektromechanischen (EEE) Bauteilen als Grundlage jeder Raumfahrtkomponente voranzutreiben, um Europa unabhängiger von internationalen Exportbestimmungen zu machen.

Programmkomponente „Europäische Radioisotopen-Energiesysteme – ENDURE  sieht vor, auf Radioisotopen basierende Energiesysteme zu entwickeln, die anschließend für Missionen im Explorationsprogramm wie EL3 und im Wissenschaftsprogramm für Planetenmissionen genutzt werden sollen.

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